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Transparenzregister: Mit Open Data Geldwäsche bekämpfen

16.05.2019: WEED nahm teil an einer Podiumsdiskussion mit Heribert Hirte (CDU) und Lisa Paus (B90/Grüne), 14-16 Uhr, Hotel nhow, Stralauer Allee 3 (Friedrichshain)

  

Am 16. Mai luden Transparency Deutschland und die Open Knowledge Foundation Vertreterinnen und Vertreter aus Zivilgesellschaft und Politik zur Diskussionsrunde über das Transparenzregister ein. Aufgrund einer zeitgleichen namentlichen Abstimmung im Bundestag, zu der die Abgeordneten anwesend sein mussten, wurde die Veranstaltung kurzfristig vorverlegt. Trotz der Terminverschiebung fanden sich Lisa Paus, Obfrau der GRÜNEN im Finanzausschuss, Prof. Dr. Heribert Hirte, stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss für die CDU, Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, Markus Henn, Referent für Finanzmärkte bei WEED e.V., sowie 40 Interessierte im Hotel nhow ein.

Prof. Dr. Edda Müller, Vorstandsvorsitzende von Transparency Deutschland, eröffnete die Runde mit dem Hinweis auf die 5. Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU, die bis Januar 2020 in Deutschland umgesetzt werden muss. Die Studie "Geldwäsche bei Immobilien in Deutschland", die Transparency im Dezember 2018 veröffentlicht hat, zeige deutlich die Defizite des Transparenzregisters. Beispielsweise können trotz Meldepflicht Strohmänner benannt werden, was die Meldepflicht ad absurdum führe. Müller forderte die Bundesregierung auf, den öffentlichen Zugang zu den Daten sicherzustellen, die Meldelücken zu schließen und die Überwachung der Meldepflicht durch das Bundesverwaltungsamt zu gewährleisten.

"Geldwäschebekämpfung findet nicht statt."

Christoph Trautvetter, der mit Markus Henn an der "Geldwäsche"-Studie gearbeitet hat, berichtete in seinem einführenden Vortrag von seinen Erfahrungen mit dem Register. Er stellte zu Beginn drei provokante Thesen auf: Erstens werde in Deutschland nichts gegen Geldwäsche unternommen, was die Schadenssumme, die durch Geldwäsche entstehe, belege; die deutsche Verwaltung erweise sich als bloßes Bürokratiemonster. Zweitens sei unter Geldwäsche nicht der stereotype Geldkoffer zu verstehen, sondern Geldwäsche sei deckungsgleich mit Steuerhinterziehung und finde auf dem Finanzmarkt statt. Und drittens sei ein offenes Register ein Instrument unter mehreren und kein Selbstzweck. Trautvetter, der am Projekt "Wem gehört die Stadt" mitwirkte, schilderte Beispiele aus dem Berliner Immobilienmarkt, wo sich die Verschleierung von wirtschaftlich Berechtigten, also den wahren Eigentümern von Firmen, besonders krass auswirke. So seien am Neubau rund um den Checkpoint Charlie dubiose Investorinnen und Investoren beteiligt wie etwa die Witwe des verstorbenen turkmenischen Präsidenten, dem Menschenrechtsverletzungen unterstellt werden.

"Wir sind auf dem richtigen Weg."

Die anschließende Diskussionsrunde leitete Michael Peters von der Open Knowledge Foundation mit der zentralen Frage nach der Offenheit des Transparenzregisters ein. Die EU-Richtlinie schreibe diese vor, die Interpretation von "offen" bleibe den Mitgliedstaaten vorbehalten. International zeige sich jedoch bereits der Vorteil, der durch die Bereitstellung der Daten als Open Data entstehe. Heribert Hirte beschrieb zunächst vor dem Hintergrund seines persönlichen beruflichen Werdegangs die Situation in Großbritannien in 1970ern. Dort sei es ihm als Mitarbeiter der Dresdner Bank leicht möglich gewesen, die Daten von Unternehmen mithilfe des Handelsregisters einzusehen. Eine ähnliche Herangehensweise sei in Deutschland bereits vor Jahrzehnten unvorstellbar gewesen, da die Unternehmensstruktur mit vorwiegend mittelständischen Firmen in Deutschland eine völlig andere sei als in Großbritannien. Außerdem seien die Kosten, die durch das Sammeln und Verwalten von Daten entstünden, immer wieder als Argument gegen ein Register angeführt worden. Hirte betonte, dass diese kulturellen Vorbehalte unbedingt in die Debatte um die wirtschaftlich Berechtigten mit einzubeziehen seien. Er führte weiter aus, dass im Hinblick auf die globalisierte Wirtschaft Steuertransparenz wenig Sinn mache, wenn nur ein Land diese umsetze. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei die Rolle der Notare in Deutschland. Diese dürfe man nicht als Lobby begreifen, sondern als staatliche Organe, die zugegebenermaßen viel Macht besäßen, z.B. im Hinblick auf die Gründung von Unternehmen. Mit dem Transparenzregister befinde sich Deutschland auf einem guten Weg im Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung.

"Das Transparenzregister ist ein Datenfriedhof."

Lisa Paus setzte wenig Hoffnungen in das Register. Sie verwies auf die geringe personelle Ausstattung des Bundesverwaltungsamts, die Ausrichtung des Bundesanzeiger Verlags als privatwirtschaftliches Unternehmen sowie die geringe Zahl der Verdachtsverfälle und die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten. Paus stellte die These auf, dass diese Situation politisch absichtlich herbeigeführt wurde. Die GRÜNE-Bundestagsfraktion wolle sich zukünftig auf den Immobilienmarkt konzentrieren, denn hier befinde sich die Gesellschaft in Gefahr, Opfer der Verschleierung von Unternehmenseigentümern zu werden. Um die Situationen von Mieter*innen und Mietern zu verbessern und die Macht der Immobilienkonzerten zu beschränken, werde ihre Fraktion im Bundestag einen Antrag mit entsprechenden Forderungen einbringen: Die Zugänglichkeit des Registers müsse hergestellt werden, Kosten dürften keinen ausschlaggebenden Hinderungsgrund darstellen. Das Sammeln der Daten sollte durch eine staatliche Stelle nicht durch eine private geregelt werden, die Datenschutzkonformität sei zu gewährleisten.

"Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen selber nicht weiß, wem es gehört."

Markus Henn ging auf die Problematik des Datenschutzes ein. Von Unternehmerseite wie dem Verband "Die Familienunternehmer" werde argumentiert, dass die EU-Richtlinie europa- und grundgesetzwidrig sei, da damit das Risiko einhergehe, Opfer von Erpressung und Entführung zu werden. Henn widerlegte die These mit Verweis auf Großbritannien, Dänemark und Schweden, wo sich ein derartiger Effekt nicht zeige. Außerdem lägen bereits jetzt schon nahezu alle Daten über die Eigentümer von Unternehmen im Handelsregister offen; die wirklichen Lücken bestünden bei ausländischen Berechtigten. Letztendlich werden auch nicht sämtliche Daten öffentlich gemacht, z.B. keine Adressen.

"Die deutsche Verwaltung schützt die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr."

In der anschließenden Publikumsdiskussion wurde deutlich, dass ein "Kulturwandel" bezüglich des Geheimnisschutzes in Deutschland dringend gewünscht ist. Nur wenn Unternehmen zur Offenlegung ihrer Eigentümerstruktur bereit seien, könne das Vertrauen in das System zurückgewonnen werden. Im Vergleich zu vielen EU-Staaten schneide Deutschland deutlich hier sehr schlecht ab. Kritik wurde außerdem an der FIU geübt; diese sei lediglich eingeführt worden um der EU-Vorgabe Genüge zu tun, erweise sich aber in der jetzigen Form als "Trauerspiel". Die Teilnehmenden und Diskutant*innen erwarten mit Spannung den Referentenentwurf, der im BMF erarbeitet wird und Ende Mai 2019 vorliegen soll.

Personen:
>Markus Henn