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Den Armen eine Stimme geben? Die IFIs verteidigen ihr Demokratiedefizit

01.04.2003: Beitrag von Ann-Kathrin Schneider in W&E 03-04/2003

Der Ruf der Internationalen Finanzinstitutionen (IFIs), von Weltbank und IWF, ist auf einem Tiefstand. Während die Schwächen ihrer wirtschaftspolitischen Konzepte immer deutlicher werden, treten gleichzeitig die undemokratischen Regierungsstrukturen als Ursachen der Schwerfälligkeit und Ideologietreue der Institutionen hervor. Auf der kommenden Frühjahrstagung soll erstmals über Reformen am Governance-Modell von IWF und Weltbank diskutiert werden. Eine Vorschau von Ann-Kathrin Schneider.

Der geringe Einfluß der Entwicklungsländer in den Entscheidungsgremien der Internationalen Finanzinstitutionen trägt maßgeblich zu deren Legitimations- und Funktionskrise bei. So wird Europa im 24-köpfigen Exekutivdirektorium der Institutionen durch fünf Direktoren vertreten, während Sub-Sahara-Afrika von nur zwei Direktoren repräsentiert wird. Eine weitere gravierende Ungerechtigkeit stellt die Wahl der Präsidenten der Institutionen dar: es ist ungeschriebenes Gesetz, daß die Weltbank von einem Amerikaner und der IWF von einem Europäer geleitet wird; noch nie hat ein Vertreter aus einem Entwicklungs- oder Schwellenland eine der Institutionen angeführt. Das Demokratiedefizit der Finanzinstitutionen wurde zuletzt auch im Konsens von Monterrey kritisiert; IWF und Weltbank wurden in dem Schlußdokument aufgefordert, "weiterhin die Partizipation der Entwicklungs- und Transformationsländer in den Entscheidungsgremien zu verbessern".

One dollar - One vote

Auf der diesjährigen Frühjahrstagung von Weltbank und IWF am 12./13. April wird die Mitsprache der Entwicklungsländer in den Entscheidungsgremien der beiden Organisationen diskutiert werden. Letzten Herbst waren die Institutionen von den Mitgliedsländern aufgefordert worden, bis zur Frühjahrstagung 2003 ein Hintergrundpapier vorzulegen, welches Reformmöglichkeiten des Führungsapparates aufzeigen und dabei besonders Möglichkeiten für mehr Partizipation der schwächeren Mitgliedsländer darlegen sollte. Dieses Hintergrundpapier (s. Hinweis) wurde bereits im Februar von dem Exekutivdirektorium der Weltbank diskutiert, und das BMZ hat sowohl eine grundsätzliche Stellungnahme wie auch eine Reaktion auf den Vorschlag von Weltbank und IWF ausgearbeitet.

Wie nicht anders zu erwarten, greifen die Ideen von Weltbank und IWF zu kurz und können in keiner Weise als Reformvorschläge bezeichnet werden. Die Überrepräsentanz der Industrieländer in den Entscheidungsgremien wird genauso wenig angesprochen wie die Möglichkeit, die Stimmverteilung nach dem Prinzip "One country - One vote" zu reformieren. Noch immer halten die Institutionen an dem Prinzip "One dollar - One vote" fest, und die Forderung, daß alle Mitgliedsländer in der Lage sein sollten, einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten zu stellen, wird nicht einmal erwähnt.

Die Weltbank und der IWF werden weitgehend als Institutionen wahrgenommen, die von den Industrieländern generell und den USA im besonderen kontrolliert werden. Diese Einschätzung beruht nicht auf verschwörungstheroretischen Ängsten, sondern findet ihre reale Entsprechung in der Stimmverteilung in den Entscheidungsgremien. Die USA verfügen in beiden Institutionen über 16% der Stimmen und haben somit eine Sperrminorität, da wichtige Entscheidungen mit einer Mehrheit von 85% getroffen werden müssen. USA, Japan, Frankreich, Großbritannien, Saudi-Arabien, Deutschland und Rußland verfügen in den Entscheidungsgremien beider Institutionen über fast die Hälfte der Stimmrechte. Demgegenüber besitzen 80 der ärmsten Mitgliedsländer nur 10% der Stimmrechte.

Basisstimmrechte rückläufig

Die Stimmverteilung hat sich seit der Gründung der Organisationen für die Entwicklungs- und Schwellenländer stetig verschlechtert. Die Bedeutung der Basisstimmrechte, die jedes Land automatisch durch seine Mitgliedschaft erhält, hat im Vergleich zu dem Stimmenanteil, der sich aus der wirtschaftlichen Stärke eines Landes berechnet, abgenommen. Wie das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) in seinem letzten Human Development Report zeigte, ist der Anteil der Basisstimmrechte an der Abstimmungsmacht ist von ungefähr 12% auf nur 2% gesunken.

Inkonsequente BMZ-Position

Weltbank und IWF sprechen sich in ihrem Grundsatzpapier gegen eine Reform der Stimmrechte und auch gegen eine Erhöhung der Basisstimmrechte aus: für solche Reformen gäbe es momentan keinen Konsens. Das BMZ hingegen befürwortet eine Erhöhung der Basisstimmrechte. Gleichzeitig warnt es jedoch davor, daß eine solche Veränderung, die mehr Mitsprache der Entwicklungsländer mit sich bringen würde, unter Umständen den guten Ruf der Weltbank auf internationalen Finanzmärkten verschlechtern und so Weltbank-Kredite generell verteuern könnte. Der Grundton der BMZ-Stellungnahme ist sehr vorsichtig, man spricht sich zwar vereinzelt für Reförmchen aus, weist jedoch hinter jedem Vorschlag auf die Gefahren hin, die mit einer vermehrten Partizipation der Entwicklungsländer einher gehen könnten. Dabei bezieht sich das Ministerium vor allem auf das Risiko der geringeren Effizienz und des schlechteren internationale Standings der Institution.

Die Reaktion des deutschen Exekutivdirektors der Weltbank auf den IWF/Weltbank Vorschlag, der Region Sub-Sahara-Afrika einen weiteren Sitz im Exekutivdirektorium zu geben, fiel folglich auch negativ aus. Es wird angemahnt, man würde die Effizienz des Gremiums schwächen und die technische und wissenschaftliche Unterstützung der Vertreter von Entwicklungsländern wäre einem solchen Schritt vorzuziehen. Diese Form der Stärkung der Entwicklungs- und Schwellenländer wird auch von der Weltbank und dem IWF in die Diskussion gebracht. Angesichts der deutschen Reaktion auf den Vorschlag der Erweiterung des Exekutivdirektoriums ist es wahrscheinlich, daß auf der Tagung im April keine Governance-Reformen beschlossen werden und man sich statt dessen darauf einigen wird, vereinzelt mehr Ressourcen für die Vertreter der Entwicklungsländer in den Entscheidungsgremien bereit zu stellen. Diese Schritte sind jedoch zu marginal und unbedeutend, um dem akuten Problem der Überrepräsentanz der Industrieländer zu begegnen.

Reformoptionen

Richtungsweisende Vorschläge zur Demokratisierung der Führungsstrukturen von Weltbank und IWF kamen wieder einmal von NGO-Seite. In Stellungnahmen des britischen Bretton-Woods-Project und von Christian Aid werden folgende Elemente einer Reform benannt:

  • Die Stimmen bei IWF und Weltbank sollten nach dem Prinzip "One country - One vote" verteilt werden. Die Sitze in den Entscheidungsgremien sollten proportional zu der Mitgliedschaft der Länder verteilt sein. Da nur 20% der Mitgliedsstaaten des IWF und der Weltbank Länder mit hohem Einkommen sind, sollten sie nur ein Fünftel und nicht wie bisher die Hälfte der Vertreter stellen.
  • Protokolle der Sitzungen der Exekutivdirektoren sollten veröffentlicht werden.
  • Das Abstimmungsverhalten sollte dokumentiert werden, dazu wäre eine Formalisierung notwendig.
  • Kandidaten für die Präsidentschaft der Institutionen sollten unabhängig von ihrer Nationalität aufgelistet werden. Bei der Wahl der Präsidenten sollte jedes Mitgliedsland eine Stimme haben.


Hinweise:

Bretton Woods Project, Open Statement on steps to democratise the World Bank and IMF, London, März 2003. Im Internet unter: www.brettonwoodsproject.org.uk

Christian Aid, Options for Democratising the World Bank and IMF, London, Februar 2003. Im Internet unter: www.christian-aid.org.uk