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Umwelt- und Entwicklungsverbände fordern Tobin-Steuer

09.06.2005: Offener Brief an Bundeskanzler zur Stärkung der Entwicklungsfinanzierung

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

im September 2005 wird bei einer UN-Konferenz überprüft werden, wie weit die Millennium-Entwicklungsziele in den zurückliegenden fünf Jahren erreicht worden sind. Es steht bereits jetzt fest, dass bisher die Finanzierung dieser Ziele, unter anderem die Halbierung der weltweiten Armut, nicht gewährleistet ist . Daher müssen neue und zusätzliche Finanzierungsquellen erschlossen werden.

Im Rahmen der Vereinten Nationen und zahlreicher Regierungen werden Überlegungen angestellt, durch internationale Steuern zur Entwicklungsfinanzierung beizutragen. Derzeit werden zahlreiche Vorschläge diskutiert. Einer davon ist die Tobin-Steuer, die von mehreren Regierungen unterstützt wird. Die Parlamente von Frankreich und Belgien haben sich bereits für eine solche Steuer ausgesprochen und ein Gesetz zur Einführung beschlossen. Diese Gesetze sehen die Einführung der Devisentransaktionssteuer auf europäischer Ebene vor, sobald sich alle anderen EU-Mitgliedstaaten ebenfalls dafür aussprechen. Sie haben in Davos im Januar eine solche Steuer in Erwägung gezogen. Lassen Sie Ihren Worten Taten folgen! Mit dem belgischen Gesetzt existiert bereits eine Vorlage, in der die technischen Fragen gelöst sind. Wir bitten Sie, sich für die Übernahme des Gesetzes in Deutschland und auf europäischer Ebene stark zu machen, sowie sich auf dem G8-Treffen in Gleneagles im Juli und beim UN-Gipfel im September energisch für eine Devisentransaktionssteuer einzusetzen. Verteilungs-politisch ist die Steuer unproblematisch, da sie das Geld dort abschöpft, wo es im Überfluss vorhanden ist. Daher findet die Steuer auch große Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Wenn im Zuge der Globalisierung neue Quellen zur Erwirtschaftung von Renditen entstanden sind, dann ist es nur fair, dass ein Teil dieser Gewinne dafür herangezogen wird, globale Aufgaben zu finanzieren. Zudem stabilisiert eine weiterentwickelte Tobin-Steuer die internationalen Finanzmärkte, wovon vor allem Entwicklungsländer profitieren würden. Eine solche Abgabe brächte eine doppelte Dividende!

Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn im Rahmen der EU Überlegungen zur Implementierung internationaler Steuern angestellt werden. Die Abgabe auf Flugtickets, wie sie momentan im Gespräch ist, befürworten wir. Allerdings halten wir die geforderte Höhe von 1 bis 2 Euro für völlig unzureichend. Weder geht davon eine ökologische Lenkungswirkung aus - dafür ist die Höhe der Abgabe viel zu gering - noch kommen auch nur annähernd ausreichend Mittel zur Finanzierung der Millenniumsziele zusammen. Des Weiteren ist nur ein Freiwilligkeitsprinzip vorgesehen, wodurch die Einnahmeschätzungen weiter nach unten korrigiert werden müssen. Selbst wenn alle EU-Länder mitmachten betrüge das Aufkommen maximal eine Milliarde Euro. Benötigt werden nach der UN- Studie von Jeffrey Sachs für 2006 135 Milliarden Dollar. Natürlich muss diese Summe nicht allein von Europa aufgebracht werden, aber mit einem derart geringen Beitrag aus der Ticketabgabe setzen die Europäer ihre entwicklungspolitische Glaubwürdigkeit aufs Spiel.

Auch eine internationale Steuer auf Flugbenzin ist notwendig! Sie würde die ökologische Lenkungsabsicht unterstreichen und ebenfalls nennenswerte Einnahmen generieren, die für die Entwicklungspolitik so dringend gebraucht werden. Auch hierbei würden zwei der größten Probleme weltweit - die Unterfinanzierung der Entwicklungshilfe und die Zerstörung der Natur - gleichzeitig angegangen.

Wir halten es für dringend notwendig, tiefgreifende Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in Entwicklungsländern zu ergreifen. Die Industrienationen müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und die wirtschaftliche Unterstützung und Zusam-menarbeit quantitativ wie qualitativ ausbauen. Steuern auf den Flugverkehr sowie auf Devi-sentransaktionen sind die richtigen Schritte als Einstieg in die internationale Besteuerung; dieser ist angesichts der Entgrenzung der Ökonomie nur die logische Konsequenz staatlichen Handelns.

Mit freundlichen Grüßen

Gez.

Bund, Weed, Grüne Jugend, Jusos, Bund-Jugend, Urgewald, Deutscher Naturschutzring (DNR)

Zugehörige Dateien:
Brief_an_BK_Schroeder.pdfDownload (325 kb)