"Faule Griechen" oder deutsches Lohndumping?
27.05.2013: Diese Broschüre (41 S.) analysiert die Ungleichgewichte in der EU, identifiziert sie als eine der zentralen Ursachen für die Krise, setzt sich kritisch mit dem herrschenden Krisenmanagement auseinander und diskutiert Alternativen.
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Die Ungleichgewichte in den Handelsströmen im Euro-Raum sind eine grundlegende Ursache der Krise in der Eurozone, auch wenn dies nicht auf den ersten Blick sichtbar ist.
Der vorliegende Text will zeigen, dass die Kritik am deutschen Neomerkantilismus berechtigt ist. Wer "Exportweltmeister” ist, gefährdet den Euro und die Stabilität der Weltwirtschaft. Die Finanzkrise war gleichsam Katalysator, der die Ungleichgewichte offengelegt hat und die Bankenkrise hat die makroökonomische Schieflage in der EU dann zusätzlich in eine Staatsschuldenkrise verwandelte. Dies wird am Beispiel von Griechenland und Deutschland erläutert. Es ist in erster Linie nicht die Schuld der griechischen Politik oder Wirtschaft, sondern der politische Druck auf die Löhne und das neo-merkantilistische Exportmodell in Deutschland, das die Schuldenkrise im Euro-Raum in untragbare Dimensionen getrieben hat. Das Krisenmanagement der Bundesregierung und der Troika setzt diese Linie fort und verschärft so die Krise.
Da durch die Gemeinschaftswährung jener Weg versperrt ist, der normalerweise in einer solchen Situation immer beschritten, nämlich die Währung des Defizitlandes abzuwerten, müsste stattdessen der Euro-Raum mit einem Mechanismus zur automatischen Umverteilung zwischen Exportländern und Importländern ausgestattet werden. Im Grunde die gleiche Situation, wie sie nach der deutschen Wiedervereinigung entstanden war. Hier allerdings wurden und werden noch immer enorme Transferzahlungen geleistet, sodass die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der neuen Bundesländer weitgehend ausgeglichen wird. In der Eurozone sperren sich aber die Überschussländer darunter an erster Stelle Deutschland gegen eine solche Transferunion. Stattdessen wird einseitig auf Sparen und Austerität gesetzt. Ideologisch wird dies dadurch legitimiert, dass man den Krisenländern die Alleinschuld für ihre Lage zuweist, während die Verantwortung der Überschussländer ausgeblendet wird.
Der vorliegende Text erklärt die Entwicklung der Ungleichgewichte mit Hilfe empirischer Daten aus kritischer Perspektive. Es werden die historischen und theoretischen Hintergründe des deutschen Exportmodells dargestellt und Bezüge zu aktuellen Entwicklungen in der Weltwirtschaft hergestellt.
Danach werden die Zusammenhänge zwischen Finanzkrise, öffentliche Verschuldungskrise und Eurokrise diskutiert. Dabei wird herausgearbeitet, dass die Verschuldung der öffentlichen Hände zusammen mit dem finanzmarktgetriebenen Akkumulationsmodell, das 2008 im Crash endete, eine besonders kritische Zusammenballung von Krisenmomenten ist, die die besondere Schwere der Krise in der Euro-Zone ausmacht.
Am Schluss werden Alternativen zur herrschenden Politik diskutiert. So wird als grundsätzlicher Ansatz empfohlen, sich von der Dominanz des Wettbewerbsprinzips zu verabschieden und stattdessen viel stärker auf Kooperation und Koordination zu setzen und den gemeinsamen Markt durch ein soziales Europa zu ergänzen. Darüber hinaus ist die Abhängigkeit der öffentlichen Finanzen von den Kapitalmärkten abzubauen und stattdessen im Wesentlichen auf Finanzierung der öffentlichen Haushalte durch Besteuerung umzustellen. Dazu ist eine europäische Harmonisierung der Steuersysteme auf Grundlage von Steuergerechtigkeit notwendig. Die Finanzmärkte schließlich sind einer strikten Regulierung zu unterwerfen, die das Finanzsystem auf seine ursprüngliche Funktion reduziert, nämlich Dienstleister für die Realwirtschaft zu sein.