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Regulierung der Internationalen Finanzmärkte

25.06.2003: Hintergrund - Ziel eines neuen Finanzsystems - Reformvorschläge

Hintergrund

Die internationalen Finanzmärkte haben einen immer größeren Einfluß auf grundlegende ökonomische und politische Entscheidungen. Wenn es zu einer Krise kommt, werden - wie 1997/98 in Südostasien und 2001 in Argentinien - binnen kurzer Zeit die Entwicklungsanstrengungen vieler Jahre zunichte gemacht und Millionen von Menschen in Armut und Elend gestürzt.

Zivilgesellschaftliche Akteure in zahlreichen Ländern wollen sich damit nicht länger abfinden und setzen sich dafür ein, die Stabilitätsrisiken der Finanzmärkte wieder einer politischen und demokratischen Kontrolle unterzuordnen. Nichtregierungsorganisationen und soziale Bewegungen, aber auch immer mehr Gewerkschaften fordern eine politische Lenkung der spekulativen Finanzströme. Der Ökumenische Rat der Kirchen hat ebenfalls seine Mitgliedskirchen dazu aufgefordert, sich gegen die neoliberale Globalisierung zu engagieren.

Auch in der Bundesrepublik haben Nichtregierungsorganisationen damit begonnen, sich mit der Rolle der Finanzmärkte zu beschäftigen und nach Wegen zu suchen, wie das riesige ökonomische Potential der internationalen Finanzmärkte in den Dienst einer sozial gerechten und ökologisch vertretbaren Entwicklung gestellt werden kann. Damit diese Anstrengungen politische Wirksamkeit entfalten können, sollten alle, die an dieser Problematik interessiert sind, ihre Kräfte vernetzen und bündeln. Aus diesem Grunde haben 2000 Kairos Europa, Pax Christi, WEED und Umverteilen! Stiftung für eine, solidarische Welt das Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte gegründet, das sich 2002 der internationalen ATTAC-Familie anschloss (www.attac.de).


Ziel eines neuen und gerechteren Finanzsystems

muss es sein,

  • den Kapitalverkehr zu lenken und angemessen zu besteuern,
  • langfristige Investitionen gegenüber kurzfristigen Finanzströmen zu fördern,
  • die spekulativen Geschäfte drastisch zu reduzieren und
  • die Finanzmärkte der Finanzierung sozial gerechter und ökologisch nachhaltiger Entwicklung zuzuführen.

Es gibt eine Vielzahl von Instrumenten, mit denen das internationale Finanzsystem reguliert werden könnte. Ein einzelnes Instrument kann jedoch nicht genügen, erst die Kombination verschiedener Maßnahmen wird die notwendige Wirkung erzielen. Eine Auswahl dieser Maßnahmen wird hier vorgestellt. Zu diesen gehören:

  • Einführung einer Devisenumsatzsteuer/Tobin Tax,
  • Neutralisierung von Offshorezentren,
  • Kapitalverkehrskontrollen,
  • Regulierung des Derivatehandels und Hedge Funds,
  • Haftung der Gläubiger bei Finanzkrisen,
  • Reform der Internationalen Finanzinstitutionen,
  • Stabilisierung der Wechselkurse,
  • Börsenumsatzsteuer.


Offizielle Reformvorschläge

Die Internationalen Finanzinstitutionen sind für die Ausgestaltung des internationalen Finanzsystems zuständig, vor allem der IWF und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Das im April 1999 gegründete Forum für Finanzstabilität (FSF) hat beratende Funktion und erarbeitet Empfehlungen für die G7 und die internationalen Institutionen. Die offiziellen Reformvorschläge basieren auf der Annahme, dass die Finanz- und Währungskrisen auf unzureichende Information der Anleger und Unzulänglichkeiten in der Politik der Empfängerländer von Kapital zurückzuführen sind. Dementsprechend beschränken sich die offiziellen Reformvorschläge auf Erhöhung von Transparenz und Korrekturen in den Schuldnerländern:

Mehr Transparenz

Durch verbesserte Transparenz und bessere Informationen, wie z. B. die vom IWF entwickelten Special Data Dissemination Standards, die monatlich Auskunft über Währungsreserven, Auslandsverschuldung etc. geben, ist eine Vermeidung von Finanz- und Währungskrisen nicht zu erwarten.

Anpassung der Bankenregulierung

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bzw. der ihr zugeordnete Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht, dem die Zentralbankchefs der G10 angehören, hat 2001 eine neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) , entwickelt die zum Ziel hat, Eigenkapitalbestimmungen stärker an den Risiken zu orientieren, denen die internationalen Banken bei der Kreditvergabe ausgesetzt sind. Der Konsultationsprozess läuft bis Ende Juli 2003, die neue Vereinbarung soll bis Ende 2003 fertiggestellt und ab 2006 in den Mitgliedsländern umgesetzt werden. Der neue Akkord betrifft insbesondere internationale Bankkredite für Entwicklungs- und Schwellenländer. Die vorgeschlagene Modifizierung kann zur Folge haben, dass die Kreditkosten für Entwicklungs- und Schwellenländer sich erhöhen und Kreditflüsse in diese Länder sich verringern.

Problematisch ist auch, dass Finanzmarktakteure, die nicht zur Gruppe der Banken gehören, so wie Börsen, Versicherungen und Investmentgesellschaften, gar nicht unter diese Bestimmungen fallen und somit auch nicht reguliert werden. Dies gilt besonders für Hedge Funds und Offshore-Finanzzentren.

Stephany Griffiths-Jones' Beitrag "Teures Geld für den Süden" im Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung 5/2003 (Seite 2) erläutert die Auswirkungen des neuen Akkords auf Entwicklungs- und Schwellenländer.

Aktuelle Informationen zum neuen Basler Akkord www.bis.org/publ/bcbsca.htm

Überwachung von Offshore-Finanzzentren

Das Forum für Finanzstabilität (FSF) ist zu dem Schluss gekommen, dass Offshore-Finanzzentren (OFC) der Stabilität des international Finanzsystems nicht schaden, solange sie "angemessen überwacht sind und ihre Aufsichtsbehörden sich kooperativ verhalten" . Daher kategorisiert das Forum für Finanzstabilität Offshore-Finanzzentren in drei Gruppen, wobei Offshore-Zentren der Kategorie II (wie z.B. Andorra, Bermuda und Monaco) und III (z.B. Liechtenstein und die Cayman-Inseln) der globalen Finanzstabilität schaden könnten. Als Ziel wird gesehen, dass diese OFCs ihre Regulierungsstandards und Informationspolitik den OFCs der ersten Kategorie angleichen. Das verfehlt jedoch völlig die eigentliche Problematik: denn OFC wurden eigens dafür geschaffen, die Regulierung von Finanzplätzen zu umgehen, dies gilt also auch für die "guten" OFCs der Kategorie I.

Vermeidung des schädlichen Steuerwettbewerbs

Einen Vorschlag zur Vermeidung eines schädlichen Steuerwettbewerbs hat die Europäische Union beschlossen. Das Maßnahmenpaket wurde im Juni 2003 verabschiedet. Die EU-Finanzminister haben sich somit endgültig auf eine grenzüberschreitende Zinsbesteuerung von 2005 an geeinigt. Das Steuerpaket umfasst:

  • eine Richtlinie zur Gewährleistung einer wirksamen Besteuerung von Zinserträgen, die innerhalb der Gemeinschaft aus grenzübergreifenden Anlagen erzielt werden,
  • einen Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung sowie
  • eine Richtlinie zur Abschaffung der Quellensteuer auf Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten.

Es sollen letztlich alle Mitgliedstaaten unterneinander Informationen über Zinszahlungen an in den anderen Mitgliedstaaten ansässige Anlager austauschen. Belgien, Österreich und Luxemburg verweigern sich jedoch dem Informationsaustausch und werden stattdessen nur eine schrittweise steigende Quellensteuer einführen. Ein Abkommen mit der Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Monaco und Andorra über die Erteilung von Informationen über Zinszahlungen wird verhandelt.

Luxemburg und die EU-Zinssteuerrichtlinie - von der Realität der Märkte eingeholt. Rainer Falk berichtet im Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (6/2003, Seite 4) wie Luxemburg in dem Streit um die Besteuerung von Kapitalerträgen innerhalb der EU die Interessen seines Finanzplatzes verteidigte.

Information der Europäischen Kommission vom 3. Juni 2003 zur Verabschiedung des Maßnahmenpakets zur Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs. europa.eu.int/comm/taxation_customs/whatsnew.htm

Verhaltenskodex für Hedge Funds

Das Forum für Finanzstabilität (FSF) empfiehlt unter anderem die Verbesserung des Risikomanagements, eine Verschärfung der Bankenaufsicht, mehr Transparenz und einen freiwilligen Verhaltenskodex. Es werden jedoch auf weitergehende Maßnahmen wie die direkte Regulierung der Fonds und die Schaffung eines internationalen Kreditregisters verzichtet. Hedge Funds profitieren davon, dass sie keine Rechenschaft über ihre Aktivitäten ablegen müssen - diese Wettbewerbsvorteil werden sie daher sicherlich nicht freiwillig aufgeben.


Weitere Informationen:

Der Inhalt der Website zu Finanzmärkten ist größtenteils der folgenden Publikation entnommen:

Kapital braucht Kontrolle Die internationalen Finanzmärkte:

Funktionsweise - Hintergründe - Alternativen
2. Auflage, Herausgeber: Kairos Europa und WEED e.V. (2001)

Interessierte, die tiefer in das Thema einsteigen wollen, können die Broschüre hier bestellen.