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Giftiges Gold - Goldbergbau im bolivianischen Amazonasgebiet und die Rolle Europas

26.09.2023 | Bei der Veranstaltung diskutieren wir mit Expert:innen aus Bolivien, der BGR und der deutschen Zivilgesellschaft die Auswirkungen des Goldbergbaus im bolivianischen Amazonasgebiet und politische Handlungsoptionen in Europa.

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Kurz-Info: Hermesbürgschaften für Wasserkraftwerk in Krisenregion?

11.10.1999: Wieder einmal liegt der Bundesregierung ein Antrag auf die Vergabe von Hermesbürgschaften für einen umstrittenen Großstaudamm vor: den Ilisu-Staudamm in Südostanatolien. Er stellt das derzeit größte Wasserkraftwerksprojekt der Türkei dar. Ein internationales Konsortium, darunter die Firma Sulzer aus Ravensburg, will die Bauarbeiten ausführen. Die staatliche Bürgschaft soll dabei das finanzielle und politische Risiko absichern. Die Vertreibung von über 20.000 Kurdinnen und Kurden und neue Konflikte um Wasser in Nahost wären Folgen des Staudamms. Außenminister Fischer hält das Projekt trotzdem für förderungswürdig.

Der Ilisu-Staudamm soll den Tigris kurz vor der Grenze zu Syrien und dem Irak aufstauen und gäbe der Türkei einen weiteren Hebel an die Hand, den Nachbarländern die Wasserzufuhr zu unterbrechen. Dies ist besonders brisant, da die Türkei sich weigert, die UN-Konvention über die nicht-schiffbare Nutzung internationaler Wasserwege zu unterzeichnen. Mit dieser verzichten die Vertragsstaaten darauf, Anrainern am Unterlauf von Flüssen Schaden zuzufügen. Tatsächlich nutzte die Türkei das Erpressungspotential bereits bestehender Staudämme schon mehrfach gegen Syrien und den Irak. Auch wenn derzeit darüber verhandelt wird, wie der Weiterfluß einer Mindestmenge Wasser in die Nachbarländer bei Betrieb des Ilisu-Kraftwerks technisch gewährleistet werden kann, ist nicht auszuschließen, daß auch der Ilisu-Staudamm für machtpolitische Zwecke mißbraucht wird. Syrien und der Irak haben deshalb Protest gegen den Bau des Damms eingelegt. Bei der Projektplanung wurden die beiden Länder nicht einmal detailliert über das Ilisu-Vorhaben informiert, geschweige denn konsultiert. Dies widerspricht eindeutig internationalem Recht. Durch den geplanten Staudamm würden über 50 Kleinstädte und Dörfer überflutet. Die türkische Regierung und die Projektbetreiber können bislang nicht angeben, wie viele Menschen genau betroffen wären, da ihre Anzahl bisher nur aus dem Hubschrauber heraus geschätzt wurde. Während die Betreiber von 12-16.000 Betroffenen ausgehen, belaufen sich Angaben britischer Menschenrechtsorganisationen auf 25.000. Konsultationen haben auch mit ihnen nicht stattgefunden. Aufgrund der feudalen Gesellschaftsstruktur in Südostanatolien werden Entschädigungen überwiegend den wenigen Landbesitzern und Dorfvorstehern zugute kommen. Für den Großteil der landlosen Bevölkerung werden die Kompensationen nicht ausreichen, um eine neue Existenzgrundlage aufzubauen. Ihnen wird nur der Weg in die Slums der Großstädte oder die Migration in andere Länder übrigbleiben. Die türkische Regierung hat zwar versprochen, internationale Standards bei der Umsiedlung einzuhalten. Bisher kam es bei der Projektvorbereitung aber schon in mindestens 18 Fällen zu Verstößen gegen Weltbankrichtlinien, die für derartige Großprojekte als Maßstab anzusehen sind. Dies gibt zu großen Zweifeln an dem politischen Willen und den Durchführungskapazitäten auf türkischer Seite Anlaß. Nach jahrelangem Bürgerkrieg und Repressionen gegen die kurdische Bevölkerung ist nicht abzusehen, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet werden kann. Außenminister Fischer hält es dennoch für vertretbar, die Hermesbürgschaft für den Ilisu-Staudamm zu bewilligen. Mit Hilfe von Auflagen will er die friedenspolitischen und menschenrechtlichen Bedenken gegen das Projekt zerstreuen. Er ist bisher jedoch die Antwort schuldig geblieben, wie die Einhaltung der Auflagen gewährleistet werden kann und welche Sanktionen die Bundesregierung im Zweifelsfall anzuwenden bereit ist. Mit der Vergabe einer Hermesbürgschaft für den Ilisu-Staudamm würde die Bundesregierung sich an einem Bruch internationalen Rechts beteiligen und die Türkei zu diesem Verfahren ermutigen. Sie würde außerdem sowohl die im Koalitionsvertrag beschlossene Reform der Hermesbürgschaften als auch die angekündigte Politik der Krisenprävention ad absurdum führen.

Weitere Informationen auf dieser Website und bei WEED erhältlich.

Stand: 11.10.1999