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Neue GATS-Forderungen der EU offenbaren weiterhin eine aggressive Liberalisierungsagenda

26.01.2005: WEED kritisiert Ignoranz der EU gegenüber Protest aus der Zivilgesellschaft

Die neuen GATS-Forderungen der EU liegen auf dem Tisch. Was die WTO-Mitgliedsstaaten von der EU genau erhalten, ist der Öffentlichkeit allerdings nicht zugänglich. Doch bereits in der Zusammenfassung der neuen Forderungen wird deutlich, dass die EU nur minimal von ihren bisherigen weit reichenden Liberalisierungsforderungen abweicht. Damit ignoriert die EU breite Proteste zahlreicher Nichtregierungsorganisationen gegen die Marktöffnungsagenda des WTO-Dienstleistungsabkommen GATS (General Agreement on Trade in Services).

Bereits im Jahr 2003 hatte die EU im Rahmen der GATS-Verhandlungen Forderungen (Requests) an 109 WTO-Mitgliedsstaaten Staaten übermittelt. Vor allem die 72 Marktöffnungsforderungen im Wassersektor stießen auf breite Proteste zivilgesellschaftlicher Akteure in Nord und Süd. Unter öffentlichem Druck hatte auch der Bundestag "schwerwiegende Bedenken" gegen die GATS- Verhandlungen angemeldet und eine Zurücknahme der EU-Forderungen im Wassersektor gefordert. Nach dem Stocken der WTO-Runde bilden die neuen EU-Forderungen nun den Anfang einer neuen Verhandlungsphase des GATS. Im Mai 2005 sollen die neuen Angebote (Offers) für Marktöffnungen im Rahmen des GATS eingereicht werden. Indem die EU auf ihren Forderungen weitgehend bestehen bleibt, verdeutlicht sie, in welche Richtung die Doha-Runde in diesem Jahr steuern wird: massiver Druck auf Entwicklungsländer, ohne jegliche Abstriche bei der EU-Liberalisierungsagenda.

Einige interessante Entwicklungen gab es im Bereich der Wasser-Requests: Belgien setzte sich innerhalb der EU bis zum Schluss dafür ein, die Wasserforderungen zurückzunehmen, konnte sich aber u.a. gegen Deutschland nicht durchsetzen. Bei den neuen Requests gab es nun vor allem gegenüber den LDCs, den ärmsten Entwicklungsländer, einige Präzisierungen: Die EU konkretisiert ihre Forderungen und steckt damit praktisch einen zwingenden Minimalrahmen für Zugeständnisse ab. Die neuen Requests unterscheiden nun zwischen Forderungen, die sich auf die Wasserversorgung der Industrie beziehen und zwischen solchen, die sich an den öffentlichen Wassersektor richten. Für letzteren wird ausführlich dargestellt, dass auch bei eingegangenen Verpflichtungen nicht notwendigerweise eine Privatisierung folgen müsste. Solche Versprechungen der EU bleiben hohl, denn eine Marktöffnung im Wassersektor wird in jedem Fall den Privatisierungsdruck auf öffentliche Versorger erhöhen.

Darüber hinaus fordert die EU LDCs auf, zukünftig zwingend nur in zwei Sektoren Verpflichtungen eingehen müssten. Sie könnten dabei aus fünf Bereichen wählen, in denen die EU ihre Forderungen aufrecht erhält. Diese Bereiche sind allesamt sensible Infrastrukturbereiche: Umweltdienstleistungen, Transport, Telekommunikation, Finanz- und Baudienstleistungen. Mit diesen Forderungen - von der EU als Zugeständnis der Entwicklungsinteressen dieser Länder gewertet - erhöht die EU ihren Liberalisierungsdruck auf die ärmsten Länder. Denn die neuen Forderungen der EU stecken einen konkreten Liberalisierungsrahmen für die Länder ab, die sich bislang in den GATS-Verhandlungen mit noch guten Gründen zurückgehalten haben. Den betroffenen Ländern wird es damit noch schwerer fallen, sich den Forderungen der EU zu entziehen.

Die EU fordert weiterhin weit reichende Marktöffnungen in Bereichen wie Wasserversorgung, Finanzdienstleistungen, Telekommunikation und Tourismus vor. Verändert hat sich neben einzelnen Zugeständnissen an Entwicklungsländer offenbar vor allem die Rhetorik: Die Kommission betont, ihre Forderungen sollten keineswegs zur Privatisierung öffentlicher Güter führen. Diese Rhetorik bleibt allerdings substanzlos, solange sie die EU weiterhin an ihren Exportinteressen im selbst benannten "Schlüsselsektor" Umweltdienstleistungen und anderen zentralen Infrastrukturbereichen festhält.

Christina Deckwirth, WEED (World Economy, Ecology and Development)

Weitere Informationen: Die Zusammenfassung zu den neuen GATS-Requests der EU ist auf der Webseite der EU-Generaldirektion Handel einsehbar: europa.eu.int/comm/trade/issues/sectoral/services/pr250105_en.htm

Pressemitteilung von Attac unter: www.attac.de/presse/presse_ausgabe.php?id=407

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