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Erklärung der Zivilgesellschaft zur vorgeschlagenen EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit

11.05.2022: Weltweite Unterstützung für starke europäische Regelungen: Mehr als 220 Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften aus der ganzen Welt wenden sich heute am 11. Mai 2022 mit einer gemeinsamen Erklärung an das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten. Wir fordern ein starkes EU-Lieferkettengesetz. Denn nur ein starkes EU-Lieferkettengesetz kann die Bedingungen für Mensch, Umwelt und Klima entlang globaler Wertschöpfungsketten wirksam verbessern!

  

Wir, die unterzeichnenden Organisationen der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften, begrüßen den Entwurf der Europäischen Kommission zur Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD). Wir glauben, dass dies ein wichtiger und lang erwarteter Schritt in Richtung unternehmerischer Rechenschaftspflicht, verantwortungsvollem Geschäftsgebaren und Zugang zu Recht ist.

Es ist jetzt jedoch dringend erforderlich, erhebliche Mängel im Entwurf zu beseitigen. Diese würden verhindern, dass die Richtlinie die positiven Auswirkungen erzielt, die für die Menschen, den Planeten und das Klima so dringend nötig sind und die von den EU-Bürger*innen, den Arbeitnehmer*innen und den von Unternehmen geschädigten Gemeinschaften weltweit lautstark und öffentlich eingefordert werden.

Daher fordern wir das Europäische Parlament und die EUMitgliedstaaten auf, den Vorschlag in einer geschlechtergerechten Weise dort zu verbessern, wo er Mängel aufweist, und gleichzeitig auf seinen wichtigen positiven Elementen aufzubauen. Dies ist notwendig, um zu gewährleisten, dass das Gesetz eine Schädigung der Menschenrechte, der Umwelt und des Klimas durch Unternehmen wirksam verhindert und dass die Opfer von missbräuchlichen Geschäftspraktiken Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln haben. Aus unserer Sicht lassen sich die notwendigen Verbesserungen wie folgt erreichen:

Wir fordern das Europäische Parlament und den Rat dazu auf, eine wirksame und robuste Pflicht zur Verhinderung und Beendigung schädlicher Menschenrechts- und Umweltauswirkungen in der gesamten Wertschöpfungskette einzuführen, und zwar auf risikobasierte und verhältnismäßige Weise. Bedauerlicherweise beschränkt die vorgeschlagene Richtlinie die Sorgfaltspflicht auf "etablierte Geschäftsbeziehungen”, was hinter internationalen Standards zurückbleibt und kontraproduktive Anreize für Unternehmen schafft, ihre Wertschöpfungsketten umzustrukturieren, um sich ihrer Sorgfaltspflicht zu entziehen.

Darüber hinaus müssen die Definitionen von schädlichen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt so erweitert werden, dass sie alle Menschenrechts- und Umweltauswirkungen abdecken. In jedem Fall müsste der entsprechende Anhang umfassender sein, um alle einschlägigen internationalen Instrumente einzubeziehen, und sollte mit Blick auf zukünftige Weiterentwicklungen regelmäßig aktualisiert werden.

Das Europäische Parlament und der Rat müssen zudem die Bestimmungen über die zivilrechtliche Haftung und den Zugang zum Recht stärken. Vor Gericht muss das Unternehmen die Beweislast dafür tragen zu zeigen, ob es angemessen gehandelt hat oder nicht. Diese Last darf nicht den Kläger*innen auferlegt werden, da diese kaum Zugang zu Beweisen haben und nur über begrenzte Mittel verfügen. Ein Unternehmen muss auch dann haftbar bleiben, wenn es versucht hat, die Einhaltung der Vorschriften durch Branchenregelungen und externe Audits zu überprüfen. Andere bekannte Hürden beim Rechtszugang, die für länderübergreifende Fälle typisch sind, müssen ebenfalls beseitigt werden, darunter der fehlende Zugang von Kläger*innen zu zentralen Informationen, unangemessene Fristen und Hindernisse bezüglich kollektiver Rechtsmittel. Unabhängige gemeinnützige Organisationen, die ein berechtigtes Interesse an der Vertretung von Geschädigten haben, müssen zudem das Recht erhalten, in deren Namen handeln zu dürfen.

Ein weiteres brennendes Problem ist das völlige Fehlen einer klimabezogenen Sorgfaltspflicht. Das Europäische Parlament und der Rat müssen dem Klimanotstand mit einer sofortigen Pflicht für Unternehmen begegnen, sich damit zu befassen, wie ihre Wertschöpfungsketten zum Klimawandel beitragen. Unternehmen müssen konkreten Verpflichtungen unterliegen, einen wirksamen Klima-Übergangsplan im Einklang mit dem Pariser Abkommen zu entwickeln und umzusetzen, einschließlich kurz-, mittel- und langfristiger absoluter Emissionsreduktionsziele. Diese Verpflichtungen müssen durch Maßnahmen der Behörden sowie durch zivilrechtliche Haftung durchsetzbar sein.

Während internationale Standards für alle Unternehmen gelten, schließt der Kommissionsvorschlag rund 99 % der EUUnternehmen direkt aus. Das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedstaaten müssen die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie einbeziehen. Wir halten es zudem für nicht zu rechtfertigen, dass für den Finanzsektor reduzierte Sorgfaltspflichten gelten sollen und dass die Pflicht zur Risiko-Identifikation von Unternehmen in Hochrisikosektoren auf die schwersten Schäden beschränkt sein soll. Im Einklang mit dem risikobasierten Ansatz fordern wir, dass alle Unternehmen vollständig von diesem Gesetz erfasst werden.

Darüber hinaus sollte die vorgeschlagene Richtlinie der Perspektive der Betroffenen die Rolle und das Gewicht einräumen, das ihr zusteht, und eine sinnvolle Konsultation der Stakeholder vorschreiben, die in alle Phasen der Sorgfaltsprüfung einfließt. Die Sorgfaltspflicht muss dahingehend gestärkt werden, dass sie eine sinnvolle und fortlaufende Beteiligung vorsieht, einschließlich einer obligatorischen und proaktiven Konsultation von Arbeitnehmer*innen, Gewerkschaften, Mitgliedern der lokalen Gemeinschaften und anderen relevanten oder betroffenen Interessengruppen. Bei dieser Einbeziehung müssen die Hindernisse berücksichtigt werden, mit denen bestimmte gefährdete Gruppen konfrontiert sind. Vor diesem Hintergrund ist das Fehlen einer Gender- und Intersektionalitätsperspektive im gesamten Vorschlag ein weiteres wichtiges Anliegen, das wir teilen.

In diesem Zusammenhang ist das Fehlen spezifischer Hinweise auf Menschenrechtsverteidiger*innen und Umweltschützer*innen äußerst bedenklich. Der Vorschlag bietet nicht allen Menschenrechtsverteidiger*innen und Umweltschützer*innen in der ganzen Welt Schutz, sondern schlägt lediglich vor, in der EU ansässige Arbeitnehmer*innen vor der Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. Der Schutz von Menschen und Gemeinschaften vor Vergeltungsmaßnahmen und nachteiligen Folgen sollte verstärkt werden. Die Rechte indigener Völker auf Selbstbestimmung und auf freie, vorherige und informierte Zustimmung müssen ebenfalls ausdrücklich in die Richtlinie aufgenommen und anerkannt werden.

In allen Fällen, in denen es notwendig ist, eine Geschäftsbeziehung oder Geschäftstätigkeiten zu beenden, muss die Richtlinie einen verantwortungsvollen Rückzug vorschreiben, indem sie klarstellt, dass die Unternehmen weiterhin für nicht behobene Auswirkungen verantwortlich sind und neue und zusätzliche Auswirkungen, die sich aus dem Rückzug ergeben, angehen müssen.

Wesentliche Anforderungen an die Transparenz der Wertschöpfungskette und an die Offenlegung fehlen ebenfalls in dem Vorschlag. Wir sind der Meinung, dass die Richtlinie von den Unternehmen verlangen muss, ihre Wertschöpfungskette und Geschäftsbeziehungen darzustellen und die entsprechenden Informationen zu veröffentlichen.

Besorgniserregend ist, dass die vorgeschlagene Richtlinie Verhaltenskodizes, Vertragsklauseln, Audits durch Dritte und Industrieinitiativen ein erhebliches Gewicht beimisst, die sich als unzureichende Mittel erwiesen haben, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu erkennen und zu bekämpfen. Solche Mittel können nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass die Unternehmen eine wirksame und sinnvolle Sorgfaltsprüfung durchführen. Es ist auch klar, dass die eigenen Einkaufspraktiken der Unternehmen schwerwiegende negative Risiken und Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt mit sich bringen, daher müssen die Unternehmen ausdrücklich verpflichtet werden, die Risiken und negativen Auswirkungen ihrer eigenen Einkaufspraktiken anzugehen.

Schließlich sollte der Vorschlag die Sorgfaltspflicht der Unternehmensleitung und die Verantwortung für die Beaufsichtigung des Due-Diligence-Prozesses, einschließlich der Übergangspläne und Nachhaltigkeitsziele, klarer formulieren. Die Vorstände der Unternehmen sollten eindeutig verpflichtet werden, Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen in die Unternehmensstrategie zu integrieren, während die variable Vergütung der Vorstände gestärkt und direkt an die Nachhaltigkeitsleistung der Unternehmen, insbesondere in Bezug auf das Klima, gekoppelt werden muss.

Wir schlagen die oben genannten Änderungen vor, um sicherzustellen, dass die Europäische Union keine bloße "Tick- Box-Übung” rechtlich vorschreibt und ein kaputtes System konsolidiert, das eine fortlaufende systematische Schädigung von Menschen, des Planeten und des Klimas durch Unternehmen zulässt. Es ist nun entscheidend, dass das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie im Einklang mit diesen Empfehlungen verbessern.

Das Europäische Parlament und der Rat müssen diese Änderungen dringend umsetzen. Wir können es uns nicht leisten, bis zum Ende des Jahrzehnts zu warten, bis diese Bestimmungen Realität werden, da Menschenrechts-, Umweltund Klimaschäden auf der ganzen Welt weitergehen.