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Öffentliche Mittel für das Wohl der Öffentlichkeit: Die Unterstützung von Menschen und Umwelt durch die Europäische Investitionsbank

01.06.2004: Kernforderungen der Nicht-Regierungsorganisationen an die Europäische Investmentbank (EIB)

Die Europäische Investment Bank (EIB) ist inzwischen der größte öffentliche Kreditgeber der Welt. Jedes Jahr verleiht sie mehr als 40 Milliarden Euro. Überwiegend werden damit Projekte in den Mitgliedstaaten der EU finanziert, doch nehmen die Investitionen im Mittelmeerraum, in den AKP-Staaten, in Lateinamerika und in Asien zu.

Die EIB betrachtet sich selbst als die Finanzinstitution der Europäischen Union, tatsächlich handelt sie jedoch als unabhängige Bank, die nur ihren Anteilseignern rechenschaftspflichtig ist: den Regierungen der 25 Mitgliedstaaten. So ist die EIB heute die am wenigsten transparente, am wenigsten rechenschaftspflichtige und am wenigsten demokratisch kontrollierte Institution innerhalb der mit der Umsetzung der EU-Politik beauftragen Behörden und unter den internationalen Finanzinstitutionen. Als "Hausbank" der EU sollte die EIB deren Ziele respektieren und umsetzen, zu denen die Förderung nachhaltiger Entwicklung, die Verringerung der Bedrohung durch einen Klimawandel, der Schutz der Artenvielfalt und die Schaffung von Beschäftigung zählen. Doch die in ihrem Kredit-Portfolio verkörperte Realität zeichnet ein gänzlich anderes Bild. Durch ihre massive Kreditvergabe in den Bereichen Energie und Transportinfrastruktur wurde die EIB zu einem der wichtigsten institutionellen Verursacher des weltweiten Klimawandels. Durch ihre Philosophie der "Kredite in großem Stil" finanziert die EIB oft die Großkonzerne, die am wenigsten öffentlicher Unterstützung bedürfen und am wenigsten zum öffentlichen Wohl beitragen.

Wenn die EIB zu einer positiven europäischen Kraft zur Förderung des öffentlichen Gemeinwohls weltweit werden soll, dann muss sie jetzt reformiert werden - parallel zu der Erweiterung der Europäischen Union. Organisationen der Zivilgesellschaft fordern die betroffenen Bürgerinnen und Bürger und die europäischen EntscheidungsträgerInnen auf, gemeinsam aus der EIB eine Institution zu formen, die Menschen und Umwelt unterstützt. Unsere Vision ist eine EIB, die durch die Öffentlichkeit überprüfbar und in all ihren Operationen transparent ist. Unsere Vision ist eine EIB, die Kredite nur für Projekte vergibt, die in sozialer Hinsicht und in Bezug auf die Umwelt nachhaltig sind, basierend auf klaren Politikansätzen, Standards und Richtlinien innerhalb und außerhalb der EU; eine EIB, die stolz von sich sagen kann, dass sie nur Projekte fördert, die sich der einmütigen und auf vorheriger Information basierender Zustimmung aller betroffener Gemeinschaften (prior informed consent) erfreuen.

Wir werden unsere Öffentlichkeitsarbeit und unsere Fürsprachebemühungen koordinieren und verstärken, um sicher zu stellen, dass die folgenden Schlüsselreformen von der EIB akzeptiert und umgesetzt werden. Wir werden die jährliche Versammlung des EIB-Aufsichtsrates über die Geschwindigkeit der erreichten Fortschritte informieren.

1. Den Transparenz-Standards der Europäischen Institutionen entsprechen

Gegenwärtig ist die EIB unter den Institutionen, die durch die Verträge der Europäischen Union eingerichtet wurden, die am wenigsten transparente, obwohl es bereits Jahre des "Dialogs" über Reformen mit der Zivilgesellschaft und dem Europäischen Parlament gab. Im Gegenteil: eine Studie des Bank Information Center in Washington DC und von Freedominfo in New York vom April 2004 enthüllt, dass die EIB im Vergleich mit anderen öffentlichen multilateralen Finanzinstitutionen wie der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung die mit Abstand am wenigsten transparente Institution ist.

Wir fordern, dass die EIB einen neuen Ansatz für ihre Veröffentlichungspolitik entwickelt und damit der Richtlinie 1049/2001 der Europäischen Union und der Aarhus Konvention über Zugang zu Informationen über Umweltthemen entspricht, damit sicher gestellt wird, dass von EIB-Projekten betroffene Kommunen wie auch andere interessierte Parteien sowohl vor Beginn als auch während des Verlaufs von Projekten adäquat und frei informiert und konsultiert werden. Dazu gehört:

  • die Publikation einer monatlichen Zusammenfassung der EIB-Aktivitäten, inklusive Name und Ort aller Projekt, für die eine Förderung in Betracht gezogen wird, inklusive des Namens des beantragenden Unternehmens, Volumen und Form der geplanten Unterstützung durch die EIB, der Umwelt- und Sozialprüfungskategorie des Projektes und der geplanten Termine für Entscheidungen der Bank über die Umsetzung.
  • die Veröffentlichung aller Studien zur Auswirkung auf Umwelt, Sozial- und Menschenrechte und anderer wichtiger projektbezogener Informationen mindestens 120 Tage vor dem Termin der Entscheidungsfindung der EIB-Gremien.
  • die Veröffentlichung aller relevanten Dokumente eines Projektes in Englisch und weiteren lokal angemessenen Sprachen mindestens 60 Tage vor öffentlichen Konsultation und Schaffung von Zugang zu den Dokumenten für alle Interessensgruppen.
  • die Veröffentlichung der Protokolle der Sitzungen des EIB-Direktoriums

2. Entwicklungsmandat auf der Grundlage verbindlicher Umwelt- und Sozialstandards formulieren

Gegenwärtig hat die EIB kein politisches Mandat für ihre Kreditvergabe an Entwicklungsländer. Sie weist es zurück, eine "multilaterale Entwicklungsbank" genannt zu werden, obwohl sie in mehr als 100 Entwicklungsländern operiert und wichtige Entwicklungsprogramme der EU im Mittelmeerraum und in den AKP-Partnerstaaten (Afrika, Karibik, Pazifik) der EU implementiert. Schlimmer noch, die gegenwärtige Praxis stellt der EIB im Wesentlichen einen "Persilschein" für die Vergabe von Krediten außerhalb der EU aus, während ungeklärt bleibt, welche Umwelt- und Sozialstandards die EIB bei ihren Projekten oder den durch nationale institutionen bereitgestellten "Globaldarlehen" anwendet.

Wir fordern, dass die EIB den allgemeinen Entwicklungszielsetzungen der EU entspricht, aber auch den von anderen multilateralen Entwicklungsbanken gesetzten Standards, darunter:

  • EIB-geförderte Projekte in Entwicklungsländern müssen nachweisen, wie sie zum Erreichen der Millenium Entwicklungsziele der Vereinten Nationen beitragen, sowie zu den Barcelona Verpflichtungen der EU zur Politikharmonisierung, inklusive Armutsreduktion und der Schaffung von Absicherung in sozialen und Umweltfragen.
  • Ein kategorisches Verbot der Förderung von Projekten durch die EIB, die zu einer signifikanten Umwandlung oder Zerstörung bedrohter natürlicher Lebensräume führen können, oder die zu illegaler Ausbeutung natürlicher Ressourcen führen, oder die eine Produktion verbotener oder für eine Beendigung der Produktion vorgesehener Substanzen beinhalten, oder die die Konstruktion großer Staudämme beinhalten, die nicht den Kriterien der World Commission on Dams (WCD) entsprechen.
  • Ein kategorisches Verbot der Förderung von Projekten durch die EIB in Gebieten, in denen die Einschränkung der Meinungsfreiheit und anderer bürgerlicher und politischer Rechte es betroffenen Kommunen unmöglich machen, Sorgen und Einwände gegen ein Projekt zu erheben oder an dessen Planung und Umsetzung mitzuwirken.
  • Die EIB sollte die von der Weltbank in ihrem im Januar 2004 veröffentlichten "Extractive Industries Review " getätigten Empfehlungen komplett übernehmen.

3. Umweltverträgliche sektorale Kreditvergabepolitik

Gegenwärtig unterscheidet die EIB in ihrer Kreditvergabe nicht nach verschiedenen sektoralen Ansätzen, die ihre Investitionsentscheidungen prägen sollten. Mit dem Argument, generell von den politischen Zielen der Europäischen Union geleitet zu werden, hat sich die EIB bisher geweigert, klare sektorale Ziele zu entwickeln, obwohl die meisten sektoralen Politiken der EU, insbesondere im Umweltbereich, der Spezifikation bedürfen, um für die Aktivitäten der EIB anwendbar zu werden.

Wir fordern, dass die EIB ihre eigenen sektoralen Leitlinien für Investitionen in Energie, Forstwirtschaft, Transport, Wasser und Abfallwirtschaft und anderen Schlüsselgebieten europäischer Umweltpolitik formuliert, die auf bestehenden europäischen Gesetzen und Zielen basieren müssen. Die EIB sollte ein beratendes Komitee für nachhaltige Investitionen und Kredite einsetzen, dass aus VertreterInnen der Bank, der europäischen Institutionen, der Regierungen der Mitgliedstaaten, der Nicht-Regierungsorganisationen und der Industrie zusammengesetzt ist und mit der Entwicklung von Leitlinien für EIB Investitionen in Energie, Forstwirtschaft, Wasser und anderen Projekten beauftragt wird. Die Arbeit des Komitees sollte völlig transparent und im höchsten Maße partizipativ sein.

  • Energiesektor: Die EIB sollte bis 2008 die Förderung von neuen Projekten zue Nutzung fossiler Brennstoffen auslaufen lassen und diese durch Programme zur Förderung erneuerbarer Energien und Energieeffizienz ersetzen. In der Zwischenzeit sollte die maximale Energieeinsparung in allen industriellen oder Energieprojekten das Ziel sein.
  • Forstwirtschaft: Die EIB sollte die Kredite für Wiederaufforstung und Schutz von Wäldern auf der Basis von durch alle Interessensgruppen entwickelter Umwelt- und Sozialkriterien erhöhen. Sie sollte nur Projekte finanzieren, die zur Eliminierung illegaler oder zerstörerischer Abholzung beitragen und sowohl kommunales Ressourcenmanagement, als auch verantwortliches Waldmanagement mit glaubwürdigen Zertifikaten fördern. Sie sollte keine Projekte zur Förderung von Kohlenstoffsenken fördern, da diese keine permanente Speicherung von Kohlenstoff ermöglichen und lediglich finanzielle Ressourcen von Investitionen in erneuerbare Energien abziehen.
  • Transportsektor: Die EIB sollte ihre Kredite für den öffentlichen Nahverkehr, den Schienen- und Fahrradverkehr erhöhen und die Förderung für Autobahnen und Flughafenerweiterungen auslaufen lassen.
  • Wassersektor: Die EIB sollte ihre Förderung für Trinkwassererhaltung und Abwasserbehandlung ausbauen und alle industriellen Projekte durch integrierte Folgestudien für die Wasserressourcen begleiten, bei denen der Wasserbedarf der natürlichen Ökosysteme im gesamten Wassergewinnungsgebiet berücksichtigt wird.
  • Abfallwirtschaft: Die EIB sollte ihre Förderung für Projekte der nachhaltigen Abfallwirtschaft erhöhen und dabei Abfallvermeidung priorisieren, sowie Technologien für Recycling und Wiederverwendung.

4. Schaffung eines Beschwerdemechanismus für betroffene BürgerInnen

Gegenwärtig haben nur BürgerInnen der Europäischen Union die Möglichkeit, sich durch den Europäischen Ombudsmann zu beschweren. Beschwerden sind zudem begrenzt Verstöße der EIB gegen ihre eigenen Regeln.

Wir fordern, dass sich die EIB mit einem kompletten Mechanismus für Überprüfbarkeit und Richtlinientreue ausstattet, der gleichberechtigten Zugang auch für BürgerInnen von außerhalb der Europäischen Union bietet. Dieser Mechanismus sollte:

  • in seinen Untersuchungsaufgaben vollständige Unabhängigkeit genießen und das Recht haben, alle Aspekte mit Bezug auf interne Regeln der EIB und von der EIB geförderte Projekt zu überprüfen.
  • Sicherstellen, dass von der EIB geförderte Aktivitäten die Menschenrechte und die sozial- und umweltpolitischen Zielsetzungen achten und generell die Rechte und die Umwelt der betroffenen Bevölkerungen respektieren.
  • dafür Sorge tragen, dass betroffene Kommunen einen gerechten Vorteilsausgleich genießen.
  • das Recht haben, kreditnehmende Unternehmen mit einem Katalog von Sanktionen zu überziehen, darunter die Aufkündigung der Unterstützung und das Setzen auf eine schwarze Liste, falls irgendeine der oben genannten Normen nicht respektiert wird.

5. Effektive Maßnahmen zum Kampf gegen Korruption und Geldwäsche

Gegenwärtig unterliegt die EIB nur begrenzter Überwachung bezüglich der Korrektheit ihrer finanziellen Aktivitäten durch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF). So hat die EIB bislang noch keine Erklärung abgegeben, ihre Unterstützung für Projekten, in denen es zu Korruptionsfällen kommt, zu widerrufen.

Wir fordern, dass die EIB einer umfassenden Anti-Korruptionspolitik folgt, inklusive:

  • der Verpflichtung von EIB-Kunden, nachzuweisen, dass sowohl sie selbst als auch ihre Niederlassungen und Finanzvermittler den empfohlenen internationalen Buchprüfungspraktiken entsprechen und Unternehmensstandards zur Anwendung bringen, die adäquate Systeme der Innenrevision zur Aufdeckung von Bestechung und Korruption beinhalten.
  • einer Selbstverpflichtung der EIB, nur Verträge zu unterstützen, die in einem offenen und transparenten Verhandlungsprozess geschlossen wurden.
  • der Untersuchung aller Korruptionsvorwürfe und der automatischen Weiterleitung solcher Vorwürfe an die entsprechenden Justizbehörden bei gleichzeitiger Suspendierung aller Kredittranchen für den Zeitraum der anhängigen Untersuchung des Korruptionsverdachtes.
  • die Anwendung von Sanktionen wie etwa dem Ausschluss von EIB-Förderung für zehn Jahre bei Einbehaltung gezahlter Beträge und Veröffentlichung der Ergebnisse der entsprechenden Bestechungsuntersuchungen.

6. Eine sozial und politisch nachhaltige Kreditvergabestrategie für den privaten Sektor

Derzeit hat die EIB keine Kriterien für ihre Kreditvergabe an den privaten Sektor definiert, die über grundlegende Finanzstandards hinausgingen. Zudem verfügt die EIB nicht über effiziente Instrumente, um eine Kontrolle darüber zu haben, wer am Ende von ihren Krediten an den privaten Sektor profitiert.

Wir fordern, dass die EIB Leitlinien für ihre Operationen im privaten Sektor entwickelt, die den umfassenden Respekt von Menschenrechten beinhalten und auf einer proaktiven Agenda der sozialen Unternehmensverantwortung aufbauen, darunter:

  • die Aufstellung eines umfassenden und verbindlichen Regelwerks für Umwelt-, Sozial-, Menschenrechtsstandards und Standards der wirtschaftlichen Entwicklung, die in all ihren Aktivitäten und gegenüber ihren Projektpartnern zur Anwendung kommen müssen und der europäischen Gesetzgebung und den existierenden internationalen Instrumenten entsprechen.
  • die Errichtung eines angemessenen Kontrollmechanismus, um sicherzustellen, dass Unternehmen, die von der EIB gefördert werden, den Gesetzen ihres Tätigkeits- und ihres Heimatlandes in den Bereichen Umwelt, Menschenrechte und öffentliche Kontrolle entsprechen, einschließlich den internationalen Menschenrechts- und Umweltverpflichtungen des Gastlandes, unabhängig davon, ob diese Verpflichtungen in der Praxis bereits Aufnahme in die jeweilige Gesetzgebung gefunden haben.
  • die Anforderung an EIB-Unternehmenskunden, den OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen zu entsprechen und dies in regelmäßigen öffentlichen Berichten nachzuweisen.
  • die Anforderung an EIB-Unternehmenskunden, nachzuweisen, dass sie über wirksame Mechanismen verfügen, um den Schutz der relevanten internationalen Menschenrechtsinstrumente und die Einhaltung der ILO Kernarbeitsnormen durchzusetzen.

Mehr Informationen auf der Website der europäischen NGO-Kampagne zur Europäischen Investitionsbank (EIB), die sich für eine institutionelle Reform der EIB sowie für eine sozial und ökologisch nachhaltige Projektförderung einsetzt.