Bewertung des Koalitionsvertrags der Bundesregierung durch den Arbeitskreis Rohstoffe
17.02.2022: Im Arbeitskreis Rohstoffe haben wir uns den Koalitionsvertrag der Bundesregierung genauer unter die Lupe genommen und überprüft, inwiefern unsere Themen und Positionen aufgegriffen wurden. Aus rohstoffpolitischer Perspektive sehen wir einige Lichtblicke aber auch gravierende Leerstellen.
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Am 24. November 2021 veröffentlichten SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ihren Koalitionsvertrag(KV). Unter dem Titel "Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit" haben die Verhandler*innen in sieben thematischen Kapiteln schriftlich festgehalten, auf welche Ziele sie sich für die kommenden vier Jahre einigen konnten. Die folgende Analyse nimmt die Positionierungen des AK Rohstoffe als Ausgangspunkt und bewertet, inwiefern unsere Themen und Positionen aufgegriffen wurden.
Unser Fazit: Der Koalitionsvertrag wird den rohstoffpolitischen Herausforderungen nicht gerecht. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP aus rohstoffpolitischer Perspektive Widersprüche aufweist. Auf der einen Seite kann es die Zivilgesellschaft als großen Erfolg verbuchen, dass sich die Parteien zu einer Reduktion des primären Rohstoffverbrauchs bekannt haben und Kreislaufwirtschaft progressiv auslegen. Das ist nicht nur für den Klima-, Umwelt- und Menschenrechtsschutz unabdingbar, sondern legt auch die Basis für die notwendige und von der Zivilgesellschaft geforderte umfassende Rohstoffwende. Ebenfalls positiv zu bewerten sind der Einsatz für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz gemäß der UNLP und die Ankündigung, das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz "gegebenenfalls" zu verbessern. Auf der anderen Seite soll die Rohstoffsicherung mit zweifelhaften Ungebundenen Finanzkrediten gestärkt und die potentielle Ausweitung der Bergbaubestrebungen in der Tiefsee fortgeführt werden. Eine Unterstützung der Abbauländer, ihre Rohstoffvorkommen selbst weiterzuverarbeiten und somit Arbeitsplätze zu schaffen und Armut abzubauen, wird nicht erwogen. Mit dem massiven Ausbau der Elektromobilität will die Ampelkoalition der Klimakrise entgegenwirken. Ohne eine Reduktion von Anzahl und Größe der Autos und eine umfassende Mobilitätswende werden sich die sozial-ökologischen Konflikte beim Abbau metallischer Rohstoffe aber weiter verschärfen. Die geplante Wasserstoffproduktion soll zwar einen Pfad hin zu Klimaneutralität unterstützen, stellt aber nicht sicher, dass es keine Lock-ins von mit den Klimazielen nicht vereinbaren Gas- oder hochriskanten Atomkraftwerken gibt. Außerdem will die neue Bundesregierung einerseits Klimaneutralität fördern, hält gleichzeitig aber am Energiecharta-Vertrag fest, der ein massives Hindernis beim Ausstieg aus den fossilen Rohstoffen ist.
Diese Widersprüche, aber auch die erwähnten Auslassungen offener Fragen und Probleme, gilt es in den nächsten vier Jahren anzugehen. Menschenrechts- und Umweltschutz sowie das Ziel globaler Gerechtigkeit müssen die Leitplanken für die deutsche Rohstoffpolitik sein, um die sozial-ökologische Transformation und somit auch die notwendige Rohstoffwende einzuleiten.