Mit fremden Federn geschmückt
15.07.2005: Die Behauptung, die G 8 habe die Afrikahilfe verdoppelt, ist schlicht falsch, wenn auch typisch für einen Politikstil, der immer mehr von PR-Schaumschlägerei geprägt ist. Eine Nachlese zu Gleneagles von Peter Wahl.
"Hilfe für Afrika verdoppelt": So oder so ähnlich lauteten die Medien-reaktionen auf den G8-Gipfel in Schottland. Ein Großer Erfolg, so scheint es zumindest. Die G8 habe endlich einmal Handlungsfähigkeit bei einem solch schwierigen Thema bewiesen, vorneweg Tony Blair, der sich seit Mona-ten als Vorkämpfer für Entwicklung präsentiert hatte, so lauteten viele Kommentare. Zu den Gewinnern würden sich aber auch die Popsänger Geldof und Bono sowie die eine oder andere gutgläubige NGO zählen können, die noch am Vorabend des Gipfels dramatische Appelle an die G8 gerichtet hatten. Endlich, so konnten sie glauben, habe ihr Engagement Früchte getragen. Was dabei jedoch verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass die Erhöhung bereits lange vorher und unabhängig vom Gipfel beschlossen worden war. Die Bundesregierung hat dies ausdrück-lich bestätigt. So heißt es in der Pressemitteilung des BMZ zu den Ergebnissen des Gipfels: "Insbesondere der vor Kurzem beschlossene Stufenplan der Europäischen Union, Mittel für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit bis 2015 auf 0,7 % des BNE zu steigern, und der beschlossene Schuldenerlass für die afrikanischen HIPC-Länder leisten hierzu einen wichtigen Beitrag." [1] Der Stufenplan war bei der Ratstagung am 22./23. März 2005 beschlossen worden und sieht eine Steigerung der EU-Hilfe von 34,5 Mrd. Euro auf 66.981 Mrd. Euro bis 2010 vor.[2] Nach gegenwärtigem Wech-selkurs (12.7.05) sind das 81,9 Mrd. USD. Die Hälfte des Zuwachses, also 19,8 Mrd. USD werden für Afrika ein-gesetzt. Auch in dem EU-Plan war bereits die Schwerpunktsetzung Afrika vorgesehen. Ebenfalls vor dem Hintergrund der Diskussion um die Millenniumsziele hatten die USA ein eigenes Programm, Millennium Challenge Account, aufgelegt. Darin sind 5 Mrd. US-Dollar jährlich für Subsahara-Afrika vorgesehen. Die USA haben schon lange vor dem Gipfel 15 Mrd. USD zur Aidsbekämpfung und 1,2 Mrd. für ein Malariaprogramm zugesagt, ohne dass diese Mittel regional spezifiziert wären. Unter der Annahme, dass 75% dafür an Afrika gehen, wären dies bis 2010 weitere 12 Mrd. Dollar. Insgesamt sieht die Rechnung also folgendermaßen aus: EU 19,8 Mrd. USD US Millennium Challenge Account 5,0 Mrd. USD US Aids & Malaria Programm 3,64 Mrd. USD SUMME 28,44 Mrd. USD
Allein mit diesen Programmen ist die Aufstockung der Afrikahilfe um 25 Mrd. USD bereits satt erreicht. Die Behauptung, der G 8-Gipfel habe die Afrikahilfe verdoppelt, ist also schlicht falsch, wenn auch typisch für einen Politikstil, der immer mehr von PR-Schaumschlägerei geprägt ist.
[1] BMZ, 12.7.05: www.bmz.de/de/presse/aktuelleMeldungen/20050712_g8/index.html.
[2] MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS: Beschleunigte Verwirklichung der entwicklungspolitischen Millenniumsziele - Der Beitrag der Europäischen Union -{SEC(2005) 452} {SEC(2005) 456}; S. 7.