Mit Vollgas in den Klimakollaps - Die Energiepolitik der Weltbank
25.06.2007: Eine kritische Analyse des "Clean Energy Investment Framework" der Weltbank, von Daniela Setton (WEED).
Seitdem die Weltbank auf dem G8-Gipfel in Gleneagles (2005) den Auftrag erhalten hat, eine Führungsrolle bei der Entwicklung eines internationalen „Investitionsrahmenwerks für saubere Energie und Entwicklung“ (Clean Energy and Development Investment Framework – CEIF) zu übernehmen, präsentiert sich die größte internationale Finanzierungs- und Entwicklungsorganisation als Klimaschützerin par excellence. Mit dem CEIF sollen Milliardeninvestitionen in die Energiesysteme von Schwellen- und Entwicklungsländern mobilisiert werden, um den rasant wachsenden weltweiten Energiebedarf zu decken; zugleich will die Weltbank diese Investitionen in ‚saubere Technologien’ lenken, um den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft einzuleiten. Ein weiteres Ziel ist es, den Zugang zu Energie für die 1,6 Mrd. Menschen, die weltweit von Energiearmut betroffen sind, zu verbessern.
Auf der letzten IWF-Weltbank Frühjahrstagung im April 2007 verabschiedete der Entwicklungsausschuss der beiden Internationalen Organisationen einen Aktionsplan zum CEIF. Wie schon in den vorherigen Papieren vom April und September 2006 wird mit dem Aktionsplan eine globale politische Agenda vorangetrieben, die wenig mit effektivem Klimaschutz oder der Bekämpfung von Energiearmut zu tun hat, aber viel mit dem weiteren Ausbau fossiler, zentraler und nicht-nachhaltiger Energiestrukturen - und deren klimapolitischer Weichspülung. Denn unter ‚sauberen Energien’ versteht die Weltbank in erster Linie fossile Energien wie Gas und Kohle (hier vor allem die Abscheidung und Einspeicherung von Kohlendioxid - CCS) sowie Großstaudämme – ungeachtet der damit verbundenen immensen sozialen und ökologischen Kosten.
Zwar werden im Aktionsplan auch Erneuerbare Energien und Energieeffizienz als Bausteine für den Übergang in eine kohlenstoffärmere Wirtschaft benannt. Während jedoch von Klimaschutz geredet wird, geht die Produktion von klimaschädlichen Treibhausgasen mit Weltbankgeldern unvermindert weiter. Die Weltbankgruppe (WBG) hat ihre Finanzierung für fossile Energien von 2005 auf 2006 um satte 93% gesteigert (von 450,8 auf 869 Mio. US-$). Gleichzeitig stagniert die Förderung Erneuerbarer Energien mit 153 Mio. US-$ (2006) bei nur 4% ihrer Energieinvestitionen. Die Ausgaben für Großstaudämme lagen gleichzeitig bei 186 Mio. US-$.
Zur Mobilisierung der Milliardeninvestitionen in die Energiesysteme in Entwicklungsländer setzt die Weltbank vor allem auf den Privatsektor und auf umfassende Sektorreformen wie Liberalisierung, Privatisierung und Kommerzialisierung, um „optimale Investitionsbedingungen“ für ausländische Konzerne zu schaffen. Die Erfahrungen mit den marktorientierten Energiesektorreformen der 1990er Jahre zeigen jedoch, dass dabei vor allem die Umwelt und die Armen das Nachsehen haben.
Auch wird im CEIF der weltweite Handel mit Kohlendioxid (carbon trade) als eines der zentralen Finanzierungsinstrumente für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Ökonomie propagiert. Carbon Trade ist jedoch weder ein geeignetes Instrument zur Förderung Erneuerbarer Energien noch ist es bisher bei der Reduktion der CO2 Emissionen besonders erfolgreich gewesen und kann deshalb allenfalls ein Instrument unter vielen anderen sein.
Das CEIF wird derzeit im Rahmen einer ‚Öffentlich-Privaten Partnerschaft’ weiterentwickelt und umgesetzt, bei der neben den multilateralen Entwicklungsbanken die Creme de la Creme der internationalen Wirtschaftslobby – wie dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) – mit am Tisch sitzt. Das WBCSD vertritt die Interessen der konventionellen Energiewirtschaft, CCS sowie die Atomenergie werden als die zentralen Zukunftsmärkte angesehen. Die Entwicklungsbanken sollen helfen, die Investitionsrisiken der milliardenschweren Energiekonzerne bei CCS zu minimieren. Bei dieser Agenda wird nicht nur die dringende Versorgung armer Menschen mit Energie an den Rand gedrängt, sondern auch ein effektiver und schneller Klimaschutz.
Innerhalb der nächsten drei Jahre sollen die Energieinvestitionen der WBG um 3 Mrd. US-$ auf deutlich mehr als 10 Mrd. US-$ angehoben werden. Es ist nicht mehr weiter hinnehmbar, dass knappe öffentliche Mittel, die für Armutsbekämpfung und Umweltschutz vorgesehen sind, in die Förderung eines rückwärtsgewandten Energiemodells und die Subventionierung großer Öl- und Energiekonzerne fließen. Es muss ein grundlegender Kurswechsel in der Politik der Weltbank und anderer multilateraler Entwicklungsbanken vorgenommen werden: Erneuerbare Energien und die Bekämpfung der Energiearmut müssen im Zentrum stehen.
Dieser Beitrag ist im Rundbrief Forum Umwelt & Entwicklung 2/2007, Juni 2007, erschienen. Der komplette Rundbrief mit dem Titel "Alle reden vom Klimaschutz - Aber wer weiß wo es lang geht?" kann hier heruntergeladen werden.