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Kurzfilm zu Finanzlobby und Reformverwässerung

12.11.2010: Der Film "Unter Freunden" nimmt die Absichten der Finanzlobby sowie den Schulterschluss zwischen Lobbyisten und Politikern aufs Korn.

  

Die Schauspieler: Norbert Hülm ("Der Macher"); Manfred Breitenstein ("Der Taktiker"); Bastian Michael ("Der Verkäufer"); Produzent: Jakob Huber; Marco Heinig; Regie: Döndü Kilic; DOP: Max Preis

Was macht die Finanzlobby?

"Wir, die für die Regulierung der Finanzmärkte und des Bankgewerbes zuständigen europäischen Abgeordneten, stehen täglich unter dem Druck des Finanz- und Banksektors, um den für die Branche geltenden Rechtsrahmen stärker zu beeinflussen". So beginnt ein aktueller Aufruf von EU-Parlamentariern (siehe Call for Finance Watch). Dieser Ausspruch macht deutlich, welch enormen Einfluss die Finanzlobby auf die Politik in Brüssel hat.

Zwar ist gegen eine angemessene Interessenvertretung der Finanzbranche prinzipiell nichts einzuwenden, jedoch hat die starke Dominanz der Finanzlobby nichts mehr mit pluralistischer Interessenvertretung zu tun, sondern untergräbt grundlegende demokratische Prinzipien. Somit erscheinen die notwendigen Reformen der Finanzmärkte äußerst unwahrscheinlich. Vor der Krise gestaltete die Finanzlobby fleißig die Deregulierung der EU-Gesetzgebung mit, und nun tut sie alles um eine strengere Regulierung zu verhindern und einer Beteiligung an den Kosten der Krise zu entziehen. Die Kommission sucht ihrerseits die Nähe der Finanzbranche und lässt sich zu Finanzthemen auch nach der Krise im Wesentlichen von dieser beraten. Sie stellt damit sogar die nicht gerade lobbyarmen USA in den Schatten, wo die Börsenaufsicht immerhin gegen Großbanken und ihre Geschäfte ermittelt. Die Krise hat selbst den letzten vor Augen geführt, wie notwendig substantielle Reformen des Finanzsystems sind. Es muss nicht nur verhindert werden, dass eine solche Krise die Welt bald wieder erschüttert und Steuerzahler weltweit für die Verluste dieser Branche aufkommen müssen, sondern auch das grundlegende Verhältnis von Gesellschaft und Finanzwirtschaft muss neu definiert werden.

Die Finanzwirtschaft muss wieder eine gesellschaftlich produktive Rolle einnehmen. Die Welt steht vor enormen sozialen und ökologischen Problemen, die ohne ein entsprechend orientiertes Finanzsystem kaum zu lösen scheinen. Doch gerade substantielle Reformen möchte die Finanzlobby unter allen Umständen verhindern, und fährt nun schweres Geschütz auf, um die Reformen und die Regulierungen so weit wie möglich zu verwässern. Sie warnt vor den schädigenden Auswirkungen von strikten Reformen auf die Erholung der Wirtschaft und des Arbeitmarktes und droht mit steigenden Kapitalkosten sowie weniger Krediten. Von den schädigenden Auswirkungen der Finanzbranche auf Wirtschaft und Gesellschaft ist neben ein paar zaghaften Schuldeingeständnissen allerdings nicht die Rede.

Doch auch auf anderem Weg kann die Politik der EU korrumpiert werden. Aufseiten der Politik trägt die neoliberale Ideologie auch heute noch zu einem Schulterschluss mit der Finanzwirtschaft bei. Und manchmal dürften auch persönliche Interessen von Politikern eine Rolle spielen, die sich nach ihrer politischen Tätigkeit einen Beraterposten in der Wirtschaft sichern wollen. So wechselte beispielsweise der ehemalige Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy, nach seinem Ausscheiden aus der Kommission in den Vorstand eines Investmentfonds. Als Binnenmarktkommissar (2004-2010) war er unter anderem für die Regulierung der Finanzmärkte zuständig. Solche Fonds waren zuvor die Nutznießer der laschen Regulierung McCreevys, und erst jetzt nach der Krise soll es das erste Mal eine Richtlinie geben, die sogenannte Alternative Investmentfonds reguliert. Erst durch starken öffentlichem Druck und der Intervention eines EU-Ethik Komitees trat er nun von seinem Posten bei dem Investmentfonds zurück (siehe CEO). Ausreichend strenge Regeln für den Wechsel von EU-Kommissaren in die Wirtschaft gibt es bis heute nicht. Auch andere Fälle von Politikern, die in die Wirtschaft wechseln, wecken den Verdacht von Interessenkonflikten.

Will man Finanzmärkte nachhaltig regulieren, und sie in den Dienst der Allgemeinheit stellen, muss man auch mit der Macht der Finanzlobby brechen, um demokratische und nachhaltige Reformen zu ermöglichen. Von Hans Rackwitz.

Weitere Information zum Thema Finanzlobby:

Links:

  • Lobbycontrol will über Machtstrukturen und Einflussstrategien in Deutschland und der EU aufklären will. Siehe auch ihr Informationsportal Lobbypedia
  • Finance Watch ist eine fraktionsübergeifende Inititiative von EU-Parlamentariern, die das Ungleichgewicht zwischen Finanzlobby und gemeinwohlorientierter Lobby anprangert.

Studien und weitere Information: