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Entwicklungsbehörde "EuropeAid" - Neue Bürokratie oder neue Politik?

01.02.2002: Artikel aus dem Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (01/02)

In Brüssel wird gebaut. Nicht nur das Berlaimont wird von Altlasten befreit, auch die europäische Entwicklungspolitik wird saniert. Ein Umbau erscheint in den Augen vieler Kritiker längst überfällig: Zu bürokratisch, zu schwerfällig, zu wenig koordiniert ist die europäische Hilfe. Ein erster Schritt soll mit der neuen Entwicklungsbehörde "EuropeAid" ("EuropeAid Cooperation Office") gemacht werden, die am 1. Januar ihre Arbeit aufnahm. Bauen die EU-Entwicklungspolitiker an einer soliden Reform oder an einem Kartenhaus, fragt Klaus Schilder.

Künftig werden die 1.200 Mitarbeiter der "Europe Aid"-Behörde, die aus dem Gemeinsamen Dienst für die Außenbeziehungen (SCR) hervorgegangen ist, rund 80% der für Außenhilfen vorgesehenen Mittel verwalten. Dies entspricht einem Betrag von etwa 7,7 Mrd. . Unter dem neuen Dach sind die Programme für die Nachfolgestaaten der Sowjetunion (TACIS), für den Mittelmeerraum (MEDA), für Asien und Lateinamerika sowie der Europäische Entwicklungsfond EDF (der die Mittel für die AKP-Länder enthält) zusammengefaßt. Schon die Besetzung des 5-köpfigen Verwaltungsrates läßt erste Rückschlüsse auf die zukünftige Kompetenzverteilung in der europäischen Entwicklungspolitik zu: Chris Patten, der für die EU-Außenbeziehungen verantwortliche Kommissar, übernimmt den Vorsitz, Entwicklungskommissar Poul Nielson wird Hauptgeschäftsführer. Zusätzliche Mitglieder im Aufsichtsrat sind die EU-Kommissare Pascal Lamy (Handel), Günther Verheugen (Erweiterung) und Pedro Solbes Mira (Wirtschafts- und Währungsangelegenheiten).

Außenpolitische Instrumentalisierung?

Wiederholt haben Nichtregierungsorganisationen (NGOs) kritisiert, daß die Gründung von EuropeAid auf Kosten der bisherigen Generaldirektion für Entwicklung (DG Dev) geht, die erst Ende letzten Jahres mit dem Niederländer Koos Richelle einen neuen Generaldirektor erhielt: Hatte die DG Dev vor einigen Jahren noch 800 Mitarbeiter, so werden es bald nur noch 250 sein. Es ist deshalb zu befürchten, daß der DG Dev in Zukunft die nötigen personellen Kapazitäten fehlen werden, um eine effektive entwicklungspolitische Strategie zu entwickeln und umzusetzen.

In einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom 16. Mai 2000 heißt es zum Einfluß der neuen Behörde: "EuropeAid muß seine Zustimmung zu Programmierungsentscheidungen und Implementierungsrichtlinien anderer Kommissionsstellen geben." Vor diesem Hintergrund ist fraglich, welche Entscheidungskompetenzen der DG Dev in Zukunft noch bleiben werden. Zwar wäre eine Zusammenlegung der innerhalb der Kommission verstreuten Kompetenzen für Entwicklungsfragen dringend nötig, doch dürfe dies nicht durch eine De-facto-Eingliederung in oder gar Unterordnung unter die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU (GASP) erfolgen, kritisieren zahlreiche Beobachter. n Sachen Auslandshilfe ist die EU heute ein bedeutender "Global Player". Sie stellt, zusammen mit ihren Mitgliedsstaaten, 55% der internationalen Entwicklungshilfe (ODA) und mehr als zwei Drittel der Entwicklungshilfe in Form nicht rückzahlbarer Zuschüsse. Doch die Arbeit der Kommission im Bereich der Entwicklungspolitik gilt als zu schwerfällig, verwaltungslastig und läßt aufgrund der Fragmentierung der Zuständigkeiten eine gemeinsame Strategiepapier gie vermissen. Claire Short, die britische Ministerin für internationale Entwicklung, formulierte es jüngst besonders provokant: "Die Kommission ist die schlechteste Entwicklungsbehörde der Welt. Die mangelnde Qualität und der zweifelhafte Ruf ihrer Hilfen bringen Europa in Verruf." Als Reaktion auf die Kritik hat die Kommission im vergangenen Jahr erste Ansätze für eine politische und administrative Neuordnung erarbeitet. Die politische Reformagenda findet sich vor allem in einem Strategiepapier zur europäischen Entwicklungspolitik vom 26. April 2000. Die Implementierungsvorstellungen enthält ein Aktionsplan vom letzten November (se. Hinweise). Darin wird zwar die Bekämpfung der Armut in den Mittelpunkt gerückt, eher selektiv scheint dagegen die Auswahl der sechs Sektoren, auf die sich künftige Anstrengungen konzentrieren sollen. Diese umfassen die Bereiche Handelspolitik, regionale Integration, makro-ökonomische Rahmenbedingungen, Infrastruktur, Ernährungssicherung und ländliche Entwicklung sowie ein Konglomerat aus capacity building, good governance und Rechtsstaatlichkeit. Kritisch kann angemerkt werden, daß das Strategiepapier um die grundsätzlichen Ursachen von Armut einen Bogen macht. Soziale Gerechtigkeit bleibt ebenso unerwähnt wie das jetzt auch vom UN-Millennium-Gipfel proklamierte Ziel, den Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, bis zum Jahre 2015 zu halbieren.

Eklatanter Kohärenzmangel:

So begrüßenswert die Bemühungen zum Aufbau einer entwicklungspolitischen Gesamtstrategie sind, so unklar derzeit, wohin die Reise gehen soll. Der Aktionsplan ist eine reine Kommissionsinitiative. Das ihr in der vorliegenden Form ein konkreter Konsultationsmechanismus mit der Zivilgesellschaft fehlt, konterkariert die Glaubwürdigkeit der Reformbestrebungen und nährt den Eindruck, daß NGOs derzeit bei der Kommission nicht hoch im Kurs stehen. Zudem zeigen die Vorschläge der Kommission einen eklatanten Mangel an Kohärenz zwischen politischen und administrativen Reformbestrebungen. In den Vorschlägen zur Verwaltungsreform fehlt jeder Verweis auf das im Amsterdamer EUVertrag formulierte und im Strategiepapier bekräftigte Ziel der Armutsbekämpfung. Das Strategiepapier philisophiert immerhin über die Kohärenzproblematik, konkret-existierende Kohärenzprobleme zwischen Entwicklungs-, Außen- und Wirtschaftspolitik werden jedoch nicht näher benannt. Der Aktionsplan schlägt die Einrichtung eines neuen "Coherence Focal Point" innerhalb der DG Dev vor, dessen Aufgaben sich aber weitgehend auf die administrative Ebene beschränken. Die Frage nach der politischen Verbindlichkeit der Beschlüsse und Empfehlungen einer solchen Kontrollinstanz bleibt offen. kepsis gegenüber den europäischen Reformanstrengungen ist also angebracht. Am 31. Mai 2001 wird der EU Entwicklungsministerrat am Reformprojekt weiterbauen. Auf der Agenda steht neben der Diskussion über den Aktionsplan auch die Entscheidung über die Gewährung von zoll- und quotenfreien Zugang für alle Exportprodukte der ärmsten Länder im Rahmen der Kommissionsinitiative "Everything but Arms”. Auch hier wird sich zeigen, inwieweit trotz aller Beteuerungen doch die Außenwirtschaftsinteressen der EU gegenüber der Entwicklungszusammenarbeit die Oberhand behalten.

Hinweise:

  • Europäische Kommission, Die
  • Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft, Mitteilung an den Ministerrat und das Europäische Parlament, Brüssel, 26. April 2000.
  • European Commission, The
  • European Community's Development Policy - Programme of Action, Working Document, Brussels, 6. November 2000.

Dieser Informationsbrief kann hier online bestellt werden oder steht als PDF-Datei zur Verfügung.

Zugehörige Dateien:
europeaid2001-w&e.pdfDownload (81 kb)

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