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Neues Ilisu-Konsortium formiert sich

02.06.2005: Im Februar 2005 übernahm Siemens den hoch verschuldeten österreichischen Konzern VA Tech. In ihrer Hydro Sparte hat die VA Tech im letzten Jahr das Ilisu Staudammprojekt erneut auf die Agenda gesetzt. Im Juli wird das EU Kartellamt entscheiden, ob Siemens die VA Tech Hydro behalten darf. Dann könnte der Ilisu-Staudamm zum Testfall für Siemens und die deutsche Außenwirtschaftsförderung insgesamt werden.

2002: Scheitern des Ilisu-Staudamms aufgrund internationaler Proteste

Die Umsetzung des nahe der Grenze zu Syrien und dem Irak geplanten 1.5 Milliarden-US-Dollar-Projekts wurde 2002 auf Grund internationaler Proteste aufgegeben. Umweltschützer, Menschenrechtsaktivisten und Archäologen hatten deutlich vor den katastrophalen Folgen des auf kurdischem Gebiet geplanten Projekts gewarnt: die Verschärfung des Wasserkonflikts in Nahost, die Zerstörung bedeutender Kulturgüter, die Zwangsumsiedlung der Bevölkerung sowie die Vernichtung noch weitgehend intakter Ökosysteme.

Schon einmal, im März 1997, erteilte die Türkei einem Konsortium unter der Leitung der Schweizer Firma Sulzer Hydro den Auftrag für das Ilisu-Projekt. Neben Sulzer Hydro, die 1999 von der österreichischen Firma VA Tech aufgekauft wurde, war die Schweizer ABB Power Generation für den elektro-mechanischen Teil beteiligt. Des Weiteren waren für die Hoch- und Tiefbauarbeiten das britische Unternehmen Balfour Beatty und die Firmen Impreglio (Italien), Skanska (Schweden), Nurol, Kiska und Tekfen (Türkei) engagiert worden. Deutschland war durch die geplante Turbinenlieferung einer Ravensburger Niederlassung Sulzers involviert. Die AktionärInnen des Baukonzerns Balfour Beatty stimmten nach Bekannt werden der vielfältigen Mängel des Projektes gegen eine Beteiligung ihrer Firma. Daraufhin zogen sich auch die anderen Firmen aus dem Projekt zurück. Einzig die VA Tech blieb damals übrig.

2005: VA Tech unternimmt einen neuen Versuch

So versuchte sich im letzten Jahr die von Siemens übernommene VA Tech erneut an dem Skandalprojekt, auch nachdem alle Unternehmen und die jeweiligen nationalen Exportkreditagenturen auf Grund von Menschenrechtsverstößen und Umweltvergehen 2001 aus dem Projekt ausgestiegen waren. Derzeit läuft die Erstellung eines Umsiedlungsplans für die betroffene Region in der Türkei auf Hochtouren.

Schmiermittel Exportkreditagenturen

Schmiermittel der internationalen Beteiligung an Staudamm-Projekten sind die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung, allen voran der Exportkreditagenturen (ECAs ). Eine Beteiligung an Staudamm-Projekten kommt für ausländische Unternehmen nur in Frage, wenn staatliche Bürgschaften das wirtschaftliche und politische Risiko absichern. Jede bedeutende Industrienation, sowie einige Schwellenländer, haben eigene Exportkreditagenturen um im Wettbewerb um Auslandsaufträge die nationalen Industriestandorte zu stärken. Rund 500 Mrd. US Dollar Kredite und Bürgschaften vergeben sie jährlich. Insbesondere große Infrastrukturprojekte sind auf diese Form der Subvention angewiesen. Problematisch daran ist, dass es bei der Bürgschaftsvergabe der ECAs an verbindlichen Kriterien für einen ausreichenden Schutz der Umwelt und der Menschenrechte in den Empfängerländern mangelt.

In Deutschland werden Exportbürgschaften über die Hermes AG vergeben. Nutznießer der Hermesbürgschaften sind v.a. Großkonzerne wie die Siemens AG. Kommt es zum Beispiel aufgrund von Devisenmangel des Empfängerlandes oder Krieg zum "finanziellen Schadensfall" für das betreffende Unternehmen, entschädigt die Bundesregierung den Lieferanten abzüglich der Eigenbeteiligung (Selbstbehalt). Aus einer Kreditbeziehung zwischen Wirtschaftsunternehmen wird so ein Schuldenverhältnis zwischen zwei Regierungen. Unternehmen und Banken sind vor diesem Hintergrund eher bereit, letztlich unrentable und risikoreiche Projekte durchzuführen. Dies kann zur Folge haben, dass Profite in der Hand des privaten Unternehmens bleiben, während Verluste auf Kosten der Bevölkerung in den Empfänger-ländern und der Steuerzahler in den Geberländern sozialisiert werden.

Testfall Ilisu

Mit einem Volumen von über 10 Mrd. Euro im Jahr haben Hermes-verbürgte Lieferungen in Entwicklungsländer ein doppelt so hohes Volumen wie die gesamte deutsche jährliche Ent-wicklungshilfe (2002: 6,34 Milliarden Euro). Dabei ist nicht gewährleistet, dass diese Lieferungen im Einklang mit den Zielen der deutschen Entwicklungspolitik und den Zielen der nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 21 stehen.

Nichtregierungsorganisationen kritisieren seit langem die schwerwiegenden Folgen Hermes-verbürgter Projekte in Entwicklungsländern und fordern daher verbindliche ökologische und soziale Kriterien für die Vergabe von Hermesbürgschaften. Zur Zeit wird die erneute Anpassung der Hermesrichtlinien diskutiert. Ende 2003 haben sich die Industrieländer im Rahmen der OECD auf einen gemeinsamen Ansatz für Standards für Exportkredite geeinigt, der nun national umgesetzt werden muss. Der Ilisu Staudamm könnte somit nicht nur zum Testfall für Siemens, sondern auch für die deutsche Wirtschaftsförderung werden.

Neue Informationen gibt es wöchentlich auf der Mailingliste ilisu-info

Informationen über die erste Ilisu Kampagne finden Sie unter dem Stichwort Hermes

Zugehörige Dateien:
ilisu factsheet02.pdfDownload (182 kb)